Der Herr der Misere macht weiter Migräne.
Er sagt, von der Burka ginge keine Gefahr aus. Aber mal ehrlich, wie soll man denn erkennen, ob darunter eine Frau oder ein Mann mit Sprengstoffgürtel steckt????? Das ist jetzt natürlich eine provokante Frage, ich weiß. Ich höre schon den Aufschrei.
Aber ich bin nicht die Einzige, die sie stellt, jedenfalls denken in meinem Freundeskreis alle so. Und da ist niemand dagegen, dass man flüchtenden Menschen hilft, ganz im Gegenteil.
Die Sprache ist eine Waffe, wenn man sie nicht sorgsam nutzt. Wie unterscheidet sich unsere Kultur von dem, sagen wir einmal, sehr streng ausgelegten Islam? Was oder wie ist das genau, unsere Kultur?
Christlich abendländisch? Welches Kind weiß heutzutage noch, was eigentlich Pfingsten ist?
Weißt Du das? Auch Nonnen tragen heute noch Vollschleier. Allerdings sieht man da wenigstens noch das Gesicht.
Aber haben wir ein natürliches Verhältnis zu Partnerschaft? Und was ist eigentlich mit dem Thema Sex? Es wird auch unter Christen entweder viel zu sehr vermarktet (unsere Cash-Kultur????) oder vollkommen verboten (Zölibat —-> Kindesmissbrauch-Skandal). All das sind Perversionen, die aus einem Mangel an Liebe, Sprache und Gleichheit der Geschlechter, der Instanzen (kirchliche Vertreter und Normalvolk) aber auch der Bevölkerungsschichten entstanden sind.
Der gesunde, natürliche Sex findet im Privaten statt, eigentlich ja nicht viel anders als in islamischen Ehen, oder doch? Woher wollen wir das denn wissen? Warst Du schon einmal Mäuschen im Hause eines gläubigen Moslem, wenn die Lichter ausgehen?
Der ganz normale Sex unter Eheleuten passiert nicht öffentlich. Gott/Allah sei Dank. Meines Erachtens gibt es da durchaus mannigfaltig erlebte Realitäten, und das bestimmt nicht nur in unserer Kultur… Und Vergewaltigungen in der Ehe (ein Gruß nach Bayern!) ist auch bei uns erst seit jüngster Zeit strafbar.
Oh, Gott, und dann die Hollywoodfilme, neee hört mir auf. Das hat unsere Kultur infiltriert. Ist das realistischer als Burka? Prinzessinnen und Prinzen, Schlösser und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie… aber wie???
Vor allem aber die Annahme, ein reicher Mensch hätte mehr zu sagen als ein ärmerer macht unsere Gesellschaft nicht gerade vorbildlich in Sachen Menschlichkeit – und christlich ist das schon gar nicht! Der Kapitalismus und seine neoliberalen Auswirkungen. Von der Gleichberechtigung alleinerziehender Frauen möchte ich gar nicht erst anfangen.
Da gibt es noch viiiiieeeel zu ändern an unserer Kultur.
Der Deckmantel der Religion (und damit meine ich auch die Ersatzreligion Konsum) hat nur unzulängliche Lösungen für den Mangel an Liebe und den Überschuß an Angst im Individuum anzubieten und wird immer einen Keil zwischen die Menschen treiben.
Das dürfen wir nicht zulassen.
Also Burka? Von mir aus ganz klar nein, denn sie ist die verstofflichte Mauer zwischen Menschen.
Aber auch ein „Geht wieder weg, woher ihr gekommen seid!“ – Das ist ganz genau so eine Mauer, nur eine aus Worten.
Man möchte es gern einfach haben. Es ist aber leider nicht einfach. Das ganze Thema ist extrem komplex.
Die einzige Lösung liegt in der Verständigung, dem Diskurs und dem gegenseitigen Interesse, um der Komplexität gerecht zu werden.
Den Burka- Frauen ist nicht damit geholfen, wenn wir sie abschieben.
In die Köpfe der Männer müssen wir reinkommen, und das geht nicht über Abschiebung. Das ginge über Offenheit und Reformation und über klare Regeln. Ohne Ausnahmen – und über Autoritäten.
Das kostet Personal. Geschultes Personal. Traumatherapeuten, Religionsexperten, die Sprache überhaupt… Das müsste der Bund bezahlen.
Der hat sich bislang aber eher auf die Ehrenamtlichen verlassen. Tolle Kultur! Orientiert sich eine Kultur nur an Profiten, kommt das soziale Zusammenleben in eine Schieflage.
Und was nun?
Die Armen werden gegen die Ärmsten ausgespielt. Da muss man dann als führender Politiker nur die AFD irgendwie im Blick haben, damit man die Mehrheit beziehungsweise die Macht behält.
Und was entsteht?
„Gutmenschen“ gegen „Schlechtmenschen“.
Möglichst simple Stempel auf jedes Facebook-Profil und wegklicken – das ist die Macht des kleinen Bürgers, dem die vier Jahre bis zur nächsten Wahl zu lange dauern. Da sucht er sich die Gegner in den eigenen Reihen und vergißt, dass die Ursachenlupe ein wenig mehr in die Tiefe, vor allem aber in den Hintergrund aus den oberen Etagen blicken sollte.
Dass das selten geschieht, ohne dass die Leute „rechthaben“ wollen, ist sowas von ätzend und nichts, auf dass wir stolz sein können… Ich jedenfalls finde es beschämend.
Was ist das Problem? Kausalitäten = Analyse und dann… Lösungsorientiertheit und Ressourcen-Aufnahme. Und da hat jede Kultur ein breit gefächertes Angebot zu bieten. Picken wir uns doch das Beste heraus und werfen die Würfel neu!!!
Die Imame sind der Schlüssel. Die Moscheen und die Bildung, das sind Schlüssel. Die Kinder sind der Schlüssel. Sie werden hier groß. Jetzt und morgen.
Also muss es diesbezüglich Gesetze und Regeln geben, die Parallelgesellschaften verhindern und offene Wege aufzeigen, Chancen geben und Mobbing, Ausgrenzung und Chancenungleichheiten verhindern. So vermeidet man Amokläufe, übrigens auch die von abendländischen Nachkommen.
Nicht nur von Anpassung sollte ständig die Rede sein sondern auch von Bildungsangeboten und von gemeinsamen Perspektiven. Bereits integrierte Menschen (die unsere Gesellschaft bereichern und sich fleißig und mit Herz und Seele einbringen) sollten jetzt Verantwortung übernehmen und auch staatlich gefördert werden, um zu vermitteln, wo Menschen an die Hand genommen werden sollten. Sie sind die Experten! Aber:
Wer gibt denn bitte sein ganzes bereits erarbeitetes Leben inklusive Job auf – ohne Bezahlung, um zu tun, was getan werden muss? Nee, werte Regierung, da müsst Ihr die Fachleute schon anständig entlohnen für derartige Sabbatjahre. Bei den Künstlern habt ihr dieses Spiel ja schon ewig betrieben, aber wenn es um die Wurst geht, ist das nicht mehr praktikabel.
In unserem Viertel gibt es ein Paar mit Kind. Die Ehefrau und Mutter trägt Burka. Es ist irgendwie, sagen wir einmal, extrem ungewohn für jemanden wie mich. In der Familie mehrere Pastoren, Weihnachtsoratorium in der Adventszeit, Jesus über meinem Haus-Altar… Wobei, was da noch so herumliegt, würde einem katholischen Priester wahrscheinlich mehrere Haare grau werden lassen… Anyway…
Ich habe sie (die Frau in der Burka, obwohl dieses Gewand streng genommen ja gar keine ist, denn die Burka ist blau und hat ein Gitter aus blauen Fasern vor den Augen) schon oft neugierig, schüchtern angelächelt, aber ich konnte keine Reaktion erkennen. Ich finde das so traurig und auch etwas gruselig. Aber das liegt in der evolutionsbedingten Natur des Menschen: Was er nicht kennt, macht ihm Angst.
Dabei könnte die Frau in Schwarz (dass niemand über die Farbe spricht, finde ich extrem seltsam) durchaus ein friedlicher und liebevoller Mensch mit klaren Vorstellungen und fester Stimme sein. Nur den Mann, ganz klar, den mag ich nicht. Aber ich hab noch nie ein Wort mit ihm gewechselt. Ich kenne seine Geschichte nicht. Ich weiß nichts über seine Motive. Ich maße mir an, zu glauben, er würde die Seele seiner Braut mir Füßen treten. Ich mag ihn nicht, eigentlich sogar so wenig, dass ich ihn nicht einmal länger als eine Sekunde lang anblicken mag mit seinem etwas ausgefransten Bart.
Ich stelle mich da schon ernsthaft in Frage, aber ich verstehe mich auch selbst dabei. Das Problem ist nur: er versteht mich nicht. Er denkt wahrscheinlich, dass er mir vollkommen egal ist. Doch das stimmt ja gar nicht, denn ich schreibe ja darüber, weil es mich so beschäftigt, dass wir uns so befremdlich fremd sind.
Das ganze Thema ist mir unheimlich. Letztens hab ich die Frau ohne Gesichtsschleier mit ihrem Sohn gesehen. Der Mann war vielleicht in einem Spielcafé für arabische Männer, in das keine Frau und kein Deutscher einen Fuß setzt. Und mein Herz war richtig erleichtert. Für sie. Nicht für mich selbst.
Aber diese Frage „Was ist denn nun unsere Kultur?“ Stellen die Frage nur wir, weil die jüngste Geschichte der „Demokratie“ nach Sturz des Hitler Regimes den Leuten erlaubt hat, Fragen zu stellen? Oder ist das freiheitliche Gerede und Gefrage nur eine Farce? Wer die Pressekonferenz im Bundestag einmal verfolgt hat, weiß genau, was ich meine.
Schaue ich mir unsere Regierung an, naja. Ob die das kümmert, was ich für Fragen stelle? Ich wage, das zu bezweifeln. Die kümmert nur, was ich einkaufe und warum und wo und vielleicht noch, wie ich das bezahle. Einen Chip habe ich nicht unter der Haut aber ein Handy mit Kamera.
Und ich würde zu gern einmal Gebtsteppich sein, eingerollt im Schlafzimmer. Vielleicht denkt so eine streng islamische Familie gar nicht so verächtlich über dieses Land, wie viele von uns Deutschen meinen, selbst wenn die Frau Burka trägt. Vielleicht möchten diese Menschen nur im öffentlichen Leben ihre altbekannten Geländer festhalten, die – wenn auch nur scheinbar – gewohnte Sicherheit in einer neuen, vollkommen ungewohnten Umgebung gewährleisten. Denn es gibt jede Menge Argwohn und Feindseligkeiten, die ihnen entgegengebracht werden… Man sollte nie die Macht der Rituale unterschätzen.
Die Männer der viertel- halb- oder vollverhüllten Frauen allerdings gehen in die Moschee. Und genau HIER müsste ihnen von Lehrern, die sie akzeptieren und respektieren, das westliche Leben zugänglich gemacht werden. Hier müssten unsere gesellschaftlichen Werte vermittelt werden.
Und genau an diesen Orten der Glaubenskapseln, die Sicherheit in vollkommen fremden Umgebungen suggerieren, können die Gesetzgeber nun ansetzen. Außerhalb dieser Kapseln sind aber auch wir alle gefragt; und ich spreche hier insbesondere die muslimischen Mitbürger an. Sie haben viel mehr Wissen als wir kapitalistisch, christlich konsumierend-verquemte Individuen mit Ikea-Couch-Spiritualität. Sie kennen sich aus mit der Thematik. Sie sind die Spezialisten, denn Sie verstehen beide Kulturen.
Was können Sie als integrierte Moslems tun, um die Neuankömmlinge in Empfang zu nehmen und ihnen die westliche Kultur zu vermitteln?
Wenn Sie mehr Zeit bräuchten, als sie haben, finden Sie Wege, dem Staat Finanzierungskonzepte für Ihre Leistungen zu unterbreiten.
Die Moscheen aber auch die Integrationshelfer müssen von Deutschland aus finanziert werden, nicht von islamistischen Geldgebern aus dem Ausland oder machtgierigen Staatsmännern mit Palastphantasien mit osmanischen Reichsgärten, wenn Ihr wißt, wen ich im Speziellen gerade meine…
Natürlich, Hassprediger müssen abgesetzt werden. Aber viel wichtiger ist doch: wer tritt an ihre Stelle? Es gibt sehr kluge Leute, die den Islam updaten und reformieren. Die müssten Imame ausbilden und auch einschätzen – offiziell mit Zertifikat! Mit Demokratiestempel und Dipom. Amtlich!
Ich denke, dass in dieser Krise eine Chance für unsere Kultur liegt, aber niemand sagt, dass es einfach ist oder sein wird. Es gibt nicht einen evolutionären Entwicklungsschritt, der easy peasy von Statten ging.
Aber, wenn wir gegen die Menschen sind, die bei uns Hilfe suchen; wenn wir kein Mitgefühl zeigen und deren Kultur nicht verstehen wollen, können wir den Frieden im Kleinen nicht erreichen. Wenn wir es im Kleinen nicht schaffen, wie können wir dann von den Regierenden verlangen, das im Großen hinzukriegen?
Da fällt mir auf. hinzukiegen… in diesem Wort ist der Krieg enthalten. Wir, die Menschen, die Bürger, die Brüder und Schwestern… wir müssen zusammenstehen, ist doch egal, an welchen Gott wir glauben, wichtig ist, dass wir überhaupt noch glauben… Nichts muss hingekriegt oder „geschafft“ werden. Wir könnten einfach die Ärmel hochkrempeln, die Herzen aufmachen und das Gemeinsame anpacken. Wir dürfen unsere Angst nicht regieren lassen über unseren Instinkt und unseren Verstand.
Wir müssen uns verständigen.
Umgekehrt ist es doch genauso, die streng gläubigen Muslime mit anderen gesellschaftlich geprägten Gewohnheiten fürchten sich genauso vor Vielem, was wir hier so praktizieren. Und was im Fernsehen läuft, muss noch lange nicht in den Wohnzimmern laufen. Aber woher sollen diese Leute denn wissen, was echt ist und was nicht? Diese Angst könnten wir ihnen doch versuchen, zu nehmen. Dafür müssten wir aber mal nachfragen! Nicht jeder glotzt Pornos und schickt seine Frau auf den Strich. Nicht jede Frau im Minirock ist scharf auf fremde Hände am Busen.
Warum wollen streng gläubige Männer denn zum Beispiel ihre Frauen besitzen, beherrschen und für sich allein haben? Nicht sehr selbstbewusst, oder?
Könnte doch sein, dass die Frauen auch ohne Verbote bei ihnen blieben und auch treu zu ihnen stünden, ganz einfach: aus Liebe. Sind diese Männer selbstbewusst genug, sich lieben zu lassen? Wer hat den Koran so schon fachkundig untermauert interpretiert? Den sollte man mal fragen, wie dies den Gläubigen nahegbracht werden könnte-nicht als Pflicht sondern als Option zur Reformation.
Übrigens fallen mir da auch die Pilgrims ein: streng gläubige Christen, die in Amerika ansiedelten.
Natürlich kann man nicht mit ein Paar Stunden im Monat Kulturen verbiegen. Aber man könnte neue Wege finden.
Wer dazu allerdings nicht bereit ist, da gebe ich den Islamkritikern vollkommen Recht, muss sich auch die Frage gefallen lassen, was er denn eigentlich hier wolle? Aber jedes Recht muss für beide Seiten gelten.
Die Wurzeln dieses ganzen Schlamassels liegen dann leider doch vermehrt in unserer Kultur, die sich selbst an die Aktionäre und (ohne es wissen zu wollen) an die Waffenhändler verkauft hat.
Die meisten Menschen, die flüchten müssen, wären am liebsten dort geblieben, wo sie ihre Kultur leben und sich nicht dafür rechtfertigen müssen. Vor wessen Waffen und Seilschaften mussten sie fliehen? Wessen Gesundheitssystem wurde mit Waffenmilliarden finanziert?
Und dann gilt wieder: der kleine Mann badet aus, was Lobbyisten und Waffenhändler zusammen mit Geheimdiensten und Regierungen auf lange Hand planen und ausführen.- Wir ließen und lassen sie gewähren. Ursache und Wirkung…
Vielleicht können wir die Ursache von oben nur bedingt beeinflussen.
Aber die Ursache von unten, die haben wir definitiv in der Hand. Denn wir sind das Volk. Das Volk der Erde, nicht nur das Volk eines Landes. Wir sind alle verwandt, wir sind alle auf dieser Erde. Die Uhr tickt, wenn man die Endlichkeit der Ressourcen anblickt. Deutschland ist nur ein Begriff. Von oben betrachtet ist es ein Minifleckchen auf dem Globus. Rücken wir gemeinsam unsere Perspektiven zurecht. Lasst uns anfangen, zu reden und vor allem zuzuhören!!!