Facebook-Aktivisten sind die neuen Hexen

Aus dem Facebook Parallel Universum Teil I:

Facebook ist eine gesellschaftliche Plattform. Stimmen der Bürger werden dort laut. Manchmal zumindest. Da, wo die Menschen früher auf der Straße diskutierten, werden heute Rucksäcke und Turnschuhe ausgeführt. Politik wird heutzutage indirekt diskutiert. Und erfolgreiche Menschen, deren Auskommen durch das bestehende System generiert wird, halten sich gepflegt zurück. Auch selbstständige Bürger, die ihre Kunden aus Wirtschaft und Medienkreisen nicht verschrecken wollen, klicken sich heimlich durch die Facebook-Profile von Leuten, die nichts mehr zu verlieren haben und ihre Klappen aufreißen.

ein Facebook Nutzer, der dem System klug und kritisch gegenüber schreibt, berichtet:
„Mir hat vorhin ein Facebook-Freund, den ich sogar persönlich aus meiner Jugend kenne, eine Nachricht geschrieben, die die Verkommenheit und Schwachsinnigkeit dieser Welt nahezu perfekt widerspiegelt.
Er schrieb, dass er zwar meinen Äußerungen hier zu großen Teilen zustimmt und Vieles ähnlich sieht, er aber befürchtet, dass es negative Folgen für seine (ich zitiere) „Wirkung nach außen“ haben könnte, wenn seine Freunde und Kollegen sehen, dass er mit jemandem befreundet ist, der dieses System so sehr kritisiert und er sich deshalb jetzt besser von mir „entfreundet“.
Es ist wirklich der absolute Wahnsinn, wie viele Menschen ticken und ich möchte jedem, dem es um seine Außendarstellung geht, dringendst empfehlen sich von mir zu „entfreunden“, da ich von solchen Leuten einfach rein gar nichts halte und mir bei solchen Aussagen wirklich das Kotzen kommt.“
Ich antwortete auf diese Zeilen:
„Dass du diesem Impuls nachgibst und in das Verurteilen gehst, spielt jenen in die Karten, die deinem alten Freund sein Verhalten vorschreiben. Facebook basiert auf diesen Prinzipien: Sehen und Gesehenwerden.
Beruf, Ruf und Bekanntschaften sind davon beeinflusst, ja ganze Existenzen.
Nicht jeder hat den Mut, das Selbstvertrauen und die Möglichkeit, auf das Einkommen zu verzichten und missachtend betrachtet zu werden.
Er hat Angst vor Verachtung, und du bringst ihm genau diese entgegen.
Da du schon zu jenen zählst, die seine Erfolgskumpanen verachten würden, fällt ihm die Wahl nicht schwer.
Da würd´ ich mal drüber nachdenken.
Ich finde es schon einen guten Zug, dass er wenigstens den Mut hatte, es dir zu schreiben. Das ist eine Seltenheit heutzutage.
Ich würde mich eher fragen, wie man den Mut und die Courage von Menschen entfachen könnte.
Ich würde mich eher fragen, wie man den Menschen helfen könnte, mehr zu dem stehen zu können, was sie wirklich denken.
Ich würde versuchen, ins Mitgefühl zu gehen anstatt in die Verachtung. Hinter deiner Verachtung stehen Wut und Verzweiflung.
Wir müssen alle die Verantwortung für unsere eigene Courage übernehmen.
Wenn sich niemand von unseren Bekannten auf unsere Seite stellt, ist es trotzdem unsere Entscheidung, zu unserer Überzeugung zu stehen.
Ja, es tut manchmal weh, sich alleingelassen zu fühlen.
Das ist nicht leicht, aber der leichte Weg führt selten ans Ziel.“