Momentan hat mich die Politik im Griff. Ich kann oft nicht schlafen und brauche das Schreiben, um die Gedanken aus dem Kopf zu bekommen, damit ich, zwar spät aber dann doch irgendwann in den Schlaf finde. Ich mache mir Sorgen. Aber ich mache mir eben auch Gedanken, die mir teils zumindest den Nebel im Kopf zu lichten verhelfen.
Köln zu Silvester. In aller Munde.
Sexueller Übergriffe. Flüchtlinge. Muslimische Säufer (eigentlich in sich schon ein Widerspruch), enthemmt und gewalttätig gegen Frauen. Spießrutenlaufen. Das sind die Begriffe, die gerade aufgebauscht werden und kleckerhaft wie Sandburgen langsam das Ausmaß des Überbaus erkennbar machen. Wärend das große Rauschen des Meeres aus Informationen so nebenher läuft.
So, sexuelle Übergriffe, also. Mmh.
Dazu fallen mir sofort die Priester ein. Christliche Priester. Nicht wahr? Mir fällt der Bruder vom Papst ein, der die kleinen Sängerknaben weiterleiden ließ. Er wusste davon. Mir fällt der Papa Huxtable ein, der in der Bill Cosby Show uns allen ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Wie war der doch charmant. Und da gab es doch noch diesen Star in England, da haben ja sogar die Ermittler mitgemacht. Mir fällt Whoody Allen ein, den wir verehren. Ach ja, der Verrückte, wie hieß er noch gleich? Na der mit dem Erdbeermund. Ach, Sie wissen schon. Mir fällt der Bekannte meiner Mutter ein, der mir seine Hand auf das Knie legte, als wir allein auf seiner Jacht waren. Mir fällt, Xavier Naidoo ein, dessen Singsang ich schlagartig verstand, als ich die Hintergründe seiner Leidensgeschichte erfuhr. Lass mal weiter graben. Mir fällt der Artikel über eine Frau ein, die in der Werbebranche einen Job suchte und fast ausschließlich sexuelle Angebote erhielt, die an den Job gekoppelt waren. Mir fällt eine liebe Freundin ein, die als Kleinkind von Vater und Großvater missbraucht wurde und nun an einer psychischen Krankheit leidet und medikamentös eingestellt durch das Leben existiert. Mir fällt ein, dass ich als Kind einmal von einem Mann im beigen Anzug in der S-Bahn angesprochen und bis vor die Haustür „gebracht“ wurde. Das berüchtigte Eis hat er mir angeboten. Ich hatte Glück. Und ich hatte eine Mutter, die mit mir zur Polizei ging, die NICHTS machte. Dann liefen wir zu zweit zum Bahnhof. Er stand in einer offenen Bahn und schaute auf die Karte an der Decke. Sie tippte ihm auf die Schulter und brüllte ihn vor allen Leuten an, was er denn mit ihrer Tochter vorgehabt habe. Er murmelte nur ein leises „Entschuldigung“. Alle Anwesenden in der Bahn schauten meine Mutter an, als seie sie verrückt geworden. Soviel zum Thema Schutz vor sexuellen Übergriffen in der westlichen Gesellschaft. Ich hatte jahrelang noch Angst, nachmittags nach der Schule nach Hause zu fahren, allein in der Bahn. Vor allem im Winter, wenn es schon früh dunkel wurde.