lyrische Altersutopie: meine Hände

Ich zeichne mit gezeichneten Werkzeugen

ein Bild von dem, was war und weiterlebt in mir.

Ein leeres Blatt war einst mein Leben, weiß und bereit,

als meine Seele irgendwo im Raum entschied, was sie hier lernen wollt.

Nun blicke ich hinab auf meine Hände,

die Sommersprossen auf dem Rücken,

jede für ein losgelöstes Lachen, 
sie alle für die Dankbarkeit;

und abertausend Linien, gemalt von Wegen, die ich ging,

von harter Arbeit, Fleiß und Einsamkeit.

Wie oft, das weiß ich noch, ließ meine Hand sich nutzen,

im Auftrag von des reichen Mannes Spinnennetzverwalter

Statt Farben auszubreiten, war ich ein Knecht, ließ stutzen mir die Flügel

Statt einem Schmetterling ein gleichgeschaltet Falter,

flog um das Neonlicht im Takt der linearen Zeit,

verschenkte viele Stunden und sah das Leben nicht, das Od der Liebe.

Doch meine Hände wollten ruhn und nicht mehr tun,

was mein schweres Herz verneinte

Mein Herz, es wollte fliegen wie ein Kolibri

Drum fing es an, zu weinen

drum wies es meinen Körper an, zu streiken.

Welch Glück war das, nun seh ich das

und schau zurück auf meine Krisen.

Sie haben mir den Weg gewiesen…

zurück zu mir und meinem Blatt, das einst so weiß, ganz grau geworden.

Drum fing ich an, die Tränen zuzulassen, 
die hinter all dem Grau verborgen

Das Blatt, es weinte alles fort, was niemals zu mir hat gehört.

Ich traf eine Entscheidung und überwand die Angst vor all der hellen Leere,

die übrig blieb in mir.

So fragten meine Hände: „Wozu sind wir jetzt hier?“

Jetzt schau ich an, die Nägel. Wie farbverkrustet lächeln sie!

Das raue, zarte Leder ist schwer vom Terpentin.

Nun bin ich alt und reise viel durch innre Galaxien.

Am Abend lese ich mir vor, was ich für Kinder schreibe,

für all die großen und die kleinen, feinen weißen Blätter,

und weiß nun, ich bin hier, um dich und mich sanft zu bewegen

mit Worten und mit Farben

mit würdevollen Narben.

Gib ihn nie auf, den Regenbogen!

Sei wachsam und behüte deine Hände vor dem Grau
.

Doch wenn dein weißes Blatt ist grau geworden,

dann hab nur Mut und weine alle Tränen.

Sie bringen dir zurück das Weiß, die Unschuld und die Phantasie.

Denn fort, nein, fort, das war sie nie.

Ich kenne gute Weisen, ich werd sie dir erzählen.

Komm, setz dich hin, hier an das Feuer

die Glut, des Knistern Abenteuer.

Lausche weit und werde still.

Hier wird dir nichts geschehen, was nicht von innen will besehen sein.

Ich bin bei dir, ich sitze hier, du bist bei dir und sitzt bei mir.

Schau, meine Hände streicheln sanft dein Haar.

Und meine Tür steht immer offen.

Und wenn ich male deine leuchtend, klaren Augen

auf meinem innren strahlend hellen Weiß

Dann ist´s, als sei dies alles schon verwoben

in einem gnadenvollen, ewiglichen Kreis.

Mir ist, als hätten wir kein Alter.

Du bist wie ich und ich wie du.

Hier nimm, von meinen Farben, ich schau dir achtsam zu

und kann erkennen, wie du neue Farben mischst aus alten.

Lass es zu.

Du musst nichts halten.

Es ist gut, wenn es von Herzen kommt, mein Kind.

Mein Herz ist reich und sieht dich lachen.

Wenn irgendwann sein Schlag verklingt,

wirst du ein neues Herz entfachen, mit deiner Liebe, deinem Mute.

Nur eines noch, das sollst du wissen:
In allem wohnt das Gute