Filmtipp: Eine Exkursion in die verschiedenen Facetten der Liebe

„Unter der Sonne der Toskana“

In der heutigen Zeit ist das Verreisen für Viele eine Seltenheit geworden. Früher sammelte man Bonusmeilen. Heute sammelt man positive Karmapunkte, wenn man mit der Bahn fährt. Aber nicht nur das drohende schlechte Gewissen hält immer mehr Menschen vom Verreisen ab – auch das Bankkonto macht den Fernwehgeplagten häufig einen Strich durch ihre Urlaubsplanung. Jedoch – dem Gott der Cineasten sei´s gedankt – gibt es ja auch noch den Kurzurlaub vor der Flimmerkiste. Einen solchen habe ich jüngst wieder angetreten, und ich muss gestehen, dass ich auf diese Weise schon häufig an das selbe Fleckchen Erde fuhr, nämlich in die Toskana.

„Unter der Sonne der Toskana“ (im Original „Under the Tuscan Sun“) erschien im fünften Jahr dieses Jahrtausends, doch auch wenn der Film schon älter ist, lohnt sich der Kauf absolut.

Erzählt wird die wahre autobiografische Geschichte einer Frau (nahbar dargestellt von der großartigen Diane Lane), die viele Jahre lang als Schriftstellerin in San Francisco arbeitete und lebte. Ihr Herz wird am Anfang der Erzählung gebrochen, sodass sie in eine tiefe Lebenskrise hineingerät. Doch wie es sich für einen ordentlichen Liebesfilm gehört, öffnet sich bald ein Fenster, nachdem sich eine Tür der Enttäuschung geschlossen hat: Ihre beste und hochschwangere Freundin Patti (verkörpert von einer entzückenden Sandra Oh) überredet sie zu einer Reise in die Ferne, sodass es ihr vielleicht gelingen möge, der Schwere in der Brust zu entfliehen.

Die Regisseurin, Audrey Wells, verfasste auch das Drehbuch und hat mit der Wahl ihrer Haupt- und Nebendarstellerinnen und -darsteller auf jeden Fall einen Volltreffer gelandet! Kameraführung, Schnitt und die italienische Sprache entführen mich mit Leichtigkeit und dem richtigen Quäntchen Fantasie in jenes Land, das ich auch im echten Leben schon mehrmals bereisen durfte und lieben lernte. So schlängelt sich die Geschichte mit einem außergewöhnlich besetzten Reisebus durch die Landschaft und öffnet ein staunendes Auge auf schönste Kulissen und die verwunschene Casa Bramasole. Ich zumindest könnte mir keinen schöneren Aufenthaltsort vorstellen, denn in dieser baufälligen Villa gibt es ein Abenteuer mitzuerleben, das mich in ein Wechselbad der Emotionen hineinzieht und lebendig fühlen lässt.

Auch wenn dieser Film, sobald er in Italien angekommen ist, immer wieder haarscharf am Klischee vorbeischrabbt, legt er kurz vor dem Eintauchen in vorhersehbarsten Schmalz eine humorvolle oder zutiefst berührende Wende hin und lässt den Zuschauer mehr und mehr sein Herz verlieren:

  • an die Heldin und an die Landschaft
  • an das eigenwillige und alte Gemäuer, in dem sich die Protagonistin unvorhergesehen einfindet, um sich dem Unbekannten hinzugeben
  • an die zauberhafte Musik von Christophe Beck, die dramaturgisch perfekt ausgewählt und eingesetzt wurde …

… und an das Licht! Passend zu dieser bildgewaltigen Exkursion in die Welt der Liebe färbt es mit seinem zunehmend goldenen Schimmer den Ort des Geschehens ein – und transformiert dunkle Gefühle in helle. So gibt Frances Mayes dem Leben eine neue Chance. Ihr Herzschmerz verblasst in kleinen Minischritten, während sich der Zauber der Freundschaft in ihrem Leben entfaltet. Mehr und mehr stellt sie sich ihren bislang unüberwundenen Ängsten und ihren unerfüllten Wünschen – wagt zögerlich, an sich selbst zu glauben. Die Einsamkeit, welche ihr zu Anfang der Geschichte noch so schwer in den Knochen hängt, fordert sie heraus und lehrt die Buchautorin, sich selbst und das Leben zu lieben. Wünsche werden wahr, jedoch zeigt sich deren Erfüllung manchmal in einem vollkommen anderen Gewande, als wir uns vorzustellen in der Lage sind. Auch diese Erkenntnis vermittelt der Film und macht neugierig auf jene Wunder, die auch in unserem Leben noch darauf warten, dass wir sie für möglich halten. Denn wie sonst sollten sie wahr werden?

Mein Fazit:

Kaum jemand, dem ich von diesem mir sehr lieb gewonnenen Film erzähle, kennt dieses Meisterwerk. Darum lege ich es auch Dir ans Herz und verspreche Dir, dass das italienische Lebensgefühl in kürzester Zeit auf Dich abfärben wird. Du wirst lachen und weinen, gesundend fiebern und Deinen Alltag vergessen. Noch ein letzter Tipp: Schaue Dir diesen Film mit Freunden oder Familie an! Du wirst verstehen warum, sobald die Magie sich auf den Gesichtern aller Anwesenden entfaltet. Wahre Freude vermehrt sich, wenn man sie teilt, und vielleicht findest Du dann vor dem Zubettgehen sogar ein Paar Sommersprossen auf Deiner Nase …